Sonntag, 16. Mai 2010

Sprache

Gedichte schreiben zu wagen
in einer Sprache
die ich niemals richtig beherrsche niemals richtig verkrafte
niemals richtig verdiene
weil sie
völlig
ohne Erklärung
schneidend verklärend mich
liebt

Vater Ghelasies mystische Gedichte (1)

Diese Gedichte hat Vater Ghelasie Gheorghe, ein orthodoxer Mönch aus dem Kloster Frasinei, Rumänien, geschrieben. Viele von seinen Gedichten sind in einem Buch gesammelt, das "Isihasm" (Hesychasmus) heißt, erschienen bei Verlag Platytera, 2007. Die Gedichte, die hier zu lesen sind, sind meine Übersetzung.

Das folgende Vorwort und das Testament des Neofit-Einsiedlers sind ebenfalls dem oben gennanten Buch entnommen:

VORWORT


Das Buch ”Hesychasmus” enthält eine repräsentative Auswahl der mystischen Poeme des Vaters Ghelasie Gheorghe von dem Heiligen Kloster Frăsinei.

Durch seine Schriften verbreitet, bilden diese Poeme die Gipfelpunkte einer Vision, die den lebendigen Kern der christlich-orthodoxen Tradition in karpathinischer Charakteristik enthüllt.

So ist die Dichtung bei Vater Ghelasie das in eine Ikone und einen Leib der Kommunion als Teilhaben an dem geistigen Sehen verwandelte Mysterium des Wortes, welchen geistigen Sehens dieser große Christ in der Überfülle der Gnade sich erfreute.

Das geistige Wort untersucht die Tiefen der Liebe der göttlichen Dreieinigkeit und des mit dem göttlichen Bild und der göttlichen Bewegunggründe (Ratio) geprägten Geschöpfes in ihrem Dialog, der ”das Mysterium” selbst der Geschichte ist.

Wenn die Heiligkeit uns, inmitten der täglichen Sorgen und Unzulänglichkeiten, als ein fast unerreichbares, ”am Gipfel des Berges” befindliches Licht, erscheint, schenkt das Streben selbst nach der göttlichen Liebe durch Buße und hingebungsvolles Teilnehmen an die Mysterien der Kirche uns eine Vorfreude, den Sinn der geistigen Wahrnehmung erweckend.

Die Worte des Ehrwürdigen Ghelasie haben so die Gabe, das Gefühl des Herzens auf dem Weg eines Lebens in geistiger Freude anzuregen.



”Das Testament des Neofit-Einsiedlers” berührt uns mit der göttlichen Herausforderderung der Berufung zur Heiligkeit in dem unruhigen und oft erschütternden gegenwärtigen Zusammenhang.

Denn das Wort Gottes an uns ist eben die Gabe der Liebe Christi an das Leben der Welt, dessen Liturgie uns im höchsten Grade zu der Person verklärt, die wir in Wirklichkeit sind, lebendige Ikonen Gottes- der Dreieinigkeit.

Das Buch wird durch drei Akathisten von großer Schönheit und geistiger Tiefe gekrönt, welche unser Beten mit dem Licht der Buße, des engelhaften Dienens und der Vereinigung mit Gott in Christi Leib, das Bild der Vervollkomnung der Schöpfung, erleuchten.



Ehre, Dank und Anbetung sei der Allerheiligsten Dreeinigkeit!



Florin Caragiu



Hl. Märtyrerin Aquilina,

Die Fastenzeit der Hl. Ap. Petrus und Paulus,

Bukarest, Juni, 2007



DAS TESTAMENT DES

NEOFIT-EINSIEDLERS



TESTAMENT

Abba Arsenie, einer der nächsten geistigen Söhne Neofits des Einsiedlers, hinterließ seinem geistigen Sohn folgendes Testament:



”Mein Sohn, ich hinterlasse Dir die Göttliche Gabe der Hesychie als Erbe, als von Abba Neofit dem Einsiedler gespendeten Segen, dem, der würdig der Göttlichen Gabe des Geheimnisvollen Werkes der Hesychie wurde. Ich hinterlasse dir als Erbe diese Gabe gleich einem Goldstück. Paß auf dass du es nicht begräbst, sondern es den Geldwechslern gibst, um es zu vermehren und zehnfachen Zins zu erhalten und dadurch die Flamme der Hesychie weiterzutragen. Bewahre das Licht* der Hesychie ständig brennend und kümmere Dich nicht, dass Du alleine zu sein scheinst. Neofit der Einsiedler prophezeite, dass es Tausende sein werden, die den Mysteriumweg der Hesychie gehen werden. Hart werden die Weltveränderungen, aber ebenso wunderbar werden die geistige Auferstehung vieler sein. Das Geheimnisvolle Werk der Hesychie wird aus den Bergen und Höllen bis in das Herz der Städte herabsteigen, und viele junge Menschen, die unwissend scheinen, werden tatkräftig zu einem geistigen Leben erweckt, die dem alten geistigen Leben ähnlich sein wird. Wunderbar wird diese AUFERSTEHUNG sein, genau dort wo der Tod glaubte zu herrschen! Der allerheiligste Geist wird Dir die über alles erhabene Kraft zeigen. Das geheimnisvolle Werk der Hesychie wird in der Wüste vieler Herzen blühen, die dann Verkörperte Himmel werden. Ich hinterlasse Dir den Segen der Hesychie, den Du brennend in Deiner eigenen Lampe** bewahren sollst, wie einen Funken, der viele andere anzünden wird. Versuche nicht zu verstehen wie dieses Wunder geschehen wird. Das geheimnisvolle Werk der Hesychie wird das Mysterium der Zukunft unserer Welt. Die zukünftige Geschichte wird die fürchterlichste Auseinandersetzung zwischen Licht und Finsternis, zwischen dem Geist des Todes und des Lebens sein. Aber die Kraft des Lichtes wird so groß sein, dass sie alle natürlichen Kräfte übertreffen wird. Habe Teil an diesem großartigen Geistigen Anzünden des Geheimnisvollen Werkes. Ich gebe Dir den Segen dazu und die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit Dir und mit allen, die das Göttliche Mysterium zu erfahren wollen. Der Heilige Geist beschütze Dich, Amen!











Der PSALM des Erschaffenen Wesens



1.Selig sind alle, die Du Erschufst, HERR!

O Mysterium nur von Dir gekannt, dass Du auch ein Wesen Erschaffst, das nicht war, und dem Du das Sein schenkst!

2.O ”nichts”, das du nicht warst, wie wirst du nur Schöpfung! Nur der SCHÖPFER kennt dein Mysterium.

3.Du, HERR, Erschaffst tatsächlich auch ein Erschaffenes Wesen, ohne etwas von Deinem WESEN zu entnehmen, welches Du aber mit allem deines WESENS Erfüllst.

4.Die Schöpfung ist jenseits Deines WESENS und nicht aus Deinem WESEN, indem Du das Sein auch einem Erschaffenen Wesen schenkst.

5.Wie kann nur auch ein zweites Wesen sein?

6.Nur wenn Du tatsächlich auch ein Erschaffenes Wesen Erschaffst, können zwei Wesen sein,
EIN SCHAFFENDES und ein Erschaffenes, ohne sich ineinder zu verlieren.

7.O mein GOTT und mein SCHÖPFER, Selig bin ich, das Erschaffene Wesen, weil auch ich ”an Deiner Seite sein” kann, Dir, dem absoluten WESEN, an Dem Teilhabend, das nicht meines ist.

8.Du bist das MYSTERIUM jenseits der Schöpfung und ich bin das Mysterium jenseits von Dir.

9.Du Erfülltest mich mit Deinem fürchterlichen MYSTERIUM und auf Übernatürliche Weise läßt Du Dich von mir umfassen, ohne Dich zu verkleinern oder zu teilen.

10.Dein MYSTERIUM als SCHÖPFER ist, dass Du auf Übernatürliche Weise auch ein Erschaffenes Wesen Erschaffst. Und mein Mysterium als Schöpfung ist, dass mein Wesen auf Übernatürliche Weise ”an der Seite” Deines WESENS sein kann.

11.Selig bin ich, das Erschaffene Wesen, in welches Du Herabsteigst als GOTT, damit ich in die GÖTTLICHKEIT HINAUFSTEIGE.

12.Tag und Nacht bete ich Dich an, ich danke Dir und singe das MYSTERIUM DEINER LITURGIE, die ins Mysterium meiner Schöpfungsliturgie herabsteigt, um ABENDMAHLEUCHARISTIE zu werden.

13.Selig bin ich, das Erschaffene Wesen, dass ich in der ERDE und bei den QUELLEN der ABENDMAHLLITURGIE sein kann.







Der Psalm der Anbetung des Erschaffenenen Wesens



1.Wie kann ich meine Augen zu Dir erheben, HERR, wie soll ich Deine HERRLICHKEIT anschauen?

2.Du Erschufst mich nach Deinem BILD und Deiner Ähnlichkeit.

3.Du rufst mich - ”komm und Teile mit Mir von allem, das Meines ist.”

4.Es Fließt Deine GNADE in mich ein, um die ”Grenzen” des Erschaffenen Wesens zu öffnen, dass Du EINGEHEN kannst.

5.Ich bebe vor Erstaunen wie Du, DER GROßE, in mich, den kleinen, EINGEHEN Kannst.

6.Wie soll das Geschöpf Dich, den SCHÖPFER, umfassen können?

7.Du kennst das Mysterium, in mich EINZUGEHEN, weil Du GOTT bist. Ich kann mich Dir nicht einmal nähern.

8.Du kannst mich umfassen, ich kann Dich nicht einmal berühren...

9.Du KOMMST über meine Erschaffene Natur in mich , und ich erbebe, denn ich kann Dich nicht umfassen...

10.Dieses MYSTERIUM ist mein ewiges ERSTAUNEN und Anbeten.

11.Es ist das MYSTERIUM Deines in mir EINGEPRÄGTEN BILDES, denn Du kannst nur von Deinem BILD umfasst werden.

12.Du Erschufst mich nach Deinem BILD, denn nur durch dieses kann ich vor Deinem ANGESICHT stehen.

13.O HERRLICHKEIT Deines BILDES, ich erstaune wie Du von meinem erschaffenen Bild Dich umfassen lässt...

Dich umfassen lässt...


14.Wie kann ich, das Geschöpf, deine”Wohnung” sein?...


15.O MYSTERIUM! DU GEHST erst in mich EIN, Du verwandelst mich in Dein BILD und Deine ÄHNLICHKEIT, damit auch ich Dich dann ”EMPFANGEN” kann.

16.Ich, das Geschöpf, bin ”außer” Dir, aber Du GEHST erst in mich EIN, damit auch ich Dir BEGEGNEN kann.

17.Du Erschufst mich aus Deiner LIEBE und dieses ist das MYSTERIUM, das alles vermag.

18.Ohne LIEBE würdest weder Du in mich EINGEHEN, noch könnte ich Dir je BEGEGNEN.

19.Ohne LIEBE ”verlöre” ich mich in Dir, denn die LIEBE ist die, die auch mich läßt, ”einer an Deiner Seite” zu sein.

20.Du Erschufst mich, damit auch ich ”Ein Ewiger” wie Du sein kann.

21.Nein, Du verwandelst Dich nicht in die Schöpfung, sondern Du Schenkst Ihr Dein BILD und Deine ÄHNLICHKEIT.

22.Niemals kann die Schöpfung in Dein BILD eingehen, sondern Dein BILD geht in die Schöpfung ein. Auf diese Weise schenkst Du der Schöpfung Deine Ewigkeit.

23.Du, Der EWIGE, Erschaffst auch nur etwas Ewiges.

24.O mein HERR und mein GOTT, Du Erschufst mich, indem Du mir die ÄHNLICHKEIT Deines BILDES Schenktest, und dadurch bist Du mit mir Verwandt und ich mit Dir.

25.Indem Du Dein BILD in mein Wesen Einprägtest, machtest Du aus mir den ABENDMAHLTISCH, wo Du mich Teilhaben läßt an Dem, das Deines ist.

26.Du bist der erste in mir mit Deiner LIEBE und ich bin so auch ”eine”*** Liebe.

27.O HERR, Du bist mein MYSTERIUM, in dem ich mein eigenes Schöpfungsbild wiederfinde.

28.O ich fiel in die Verführung der Sünde und geschlossen ist die TÜR des ABENDMAHLES .

29.HERR, vergib mir, empfange mich wieder wie ”den verlorenen Sohn”.

30.O HERR, wie Selig bin ich am ABENDMAHLTISCH.

31.Ich bete Dich an, HERR, und mit den Armen meines Wesensbildes Wage ich es, den Saum Deines GEWANDES-Deiner GNADE zu berühren.

32.Selig bin ich, das Geschöpf, in der Du GERUHTEST, Dir auch eine erschaffene Wohnung zu errichten.



*,**Das genaue Wort im Originaltext: Ikonenlampe, die Öllampe, die ständig vor den Ikonen brennen.
***Das Wort ”Liebe” hat gewöhnlich keinen Artikel, aber in diesem Fall habe ich trotzdem „o Iubire” (eigentlich genauso ungewöhnlich klingend auf rumänisch wie auf deutsch) mit ”eine Liebe” übersetzt, um den persönlichen Charakter der Liebe zu unterstreichen, weil ich glaube, dass das Vater Ghelasies Absicht war. Liebe ist nicht bloß ein Prinzip, eine Idee, ein Gefühl, oder ein Gedanke, sie kann niemals separat als eine Eigenschaft betrachtet werden, sondern sie ist unzertrennlich mit der Person verbunden, ja noch mehr: sie ist die Person.



(andere Psalmen von Vater Ghelasie von Frasinei kann man hier lesen:  http://ikonischerenaissance.blogspot.com/ )